• vorgestern
Frühere Arbeiter auf einer norwegischen Bohrinsel leiden unter den gesundheitlichen Folgen ihres oft ungesicherten Einsatzes. Nach jahrelangem Kampf sollen sie nun eine Entschädigung bekommen. Doch wieviel und wann, ist unklar.

Kategorie

🗞
News
Transkript
00:00Eine Ölplattform, nachgebaut fürs Museum.
00:0420 Jahre lang Bjarne Kapstas Arbeitsplatz.
00:08Beim Anblick kommen dem Norweger die weniger schönen Erinnerungen an diesen Job zurück.
00:13Wie er und seine Kollegen in den 1980er Jahren in der Nordsee giftigen Stoffen ausgesetzt waren.
00:20Ich arbeitete auf dem Kran. Dort bekamen wir die Abgase der Turbinenmotoren direkt ins Gesicht.
00:27Wir mussten manchmal schon nach einigen Minuten wieder nach unten flüchten.
00:31Und wir haben bei der Arbeit an Tanks Schwefelsäure eingeatmet.
00:36Das war besonders schlimm. Viele mussten sich erbrechen.
00:40Mit 44 Jahren war Kapsta arbeitsunfähig. Diagnose Schädigung der Gehirnfunktionen.
00:47Heute kann sich der Rentner kaum etwas merken. Und Besuch zu Hause wird ihm schnell zu viel.
00:55Mir wird immer wieder schwindelig. Dann denke ich, können die nicht gehen? Die sehen doch, dass es mir schlecht geht.
01:01Man wird so unsozial.
01:07Pioniere des norwegischen Ölzeitalters werden Plattformarbeiter wie Kapsta genannt.
01:13Im Ölmuseum von Stavanger wird an sie erinnert.
01:16In den 1970er und 80er Jahren sollten sie im Auftrag des Staates möglichst schnell, möglichst viel Öl und Gas fördern.
01:24Doch als Arbeiter wie Kapsta Schadenersatz für ihre Erkrankungen forderten, stießen sie auf taube Ohren.
01:31Die ganze Zeit wurde uns von sogenannten Experten das Gefühl gegeben, wir würden simulieren. Das war wirklich übel.
01:42Erst Ende 2024 hat sich eine Mehrheit im norwegischen Parlament für eine Entschädigung der erkrankten Ölarbeiter ausgesprochen.
01:51Gegen den Willen der Regierung. Die fürchtet eine Klage führt. Und will sich auch nicht bei den Plattformgeschädigten entschuldigen.
02:01Ich will mich bei diesen Menschen bedanken. Aber eine Entschuldigung kann ich als Ministerpräsident nur in bestimmten Fällen aussprechen.
02:10Das möchte ich hier nicht.
02:13Die Opposition beschuldigt die Regierungen der vergangenen Jahrzehnte, das Ölgeschäft über die Gesundheit der Arbeiter gestellt zu haben.
02:21Am Anfang unseres Ölzeitalters in den 1970er und 80er Jahren fürchtete die Regierung, dass solche Vorkommnisse die Ölförderung gefährden könnten.
02:35Damit man weiter bohren und pumpen konnte, wollte man über solche Dinge nicht reden und sie schon gar nicht zugeben.
02:45Die Nordseetaucher haben eine Entschädigung für ihre Berufskrankheiten bekommen.
02:50Doch erst nachdem Rolf Gütturm Engebretsen und sein Kollege Roald Wiegen die norwegische Regierung vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verklagt hatten.
03:00Die beiden arbeiteten für die Ölproduktion bis in Tiefen von 500 Metern.
03:05Ihre Irrschädigungen seien durch fehlerhafte Drucktabellen für den Auftauchvorgang verursacht worden, urteilte das Gericht 2018.
03:14Ich wollte umschulen auf Krankenwagenfahrer, aber als ich die Prüfung ablegen sollte, hatte ich alles vergessen.
03:24Die Ärzte sagten mir nur, je kognitiver Verlust wird mit den Jahren schlimmer werden.
03:33Und das habe eindeutig mit dem Tauchen zu tun. Das war damals alles.
03:39Bjarne Kapster und die anderen Ölarbeiter warten dagegen weiter auf eine Entschädigung für ihr erlittenes Leid.
03:52Hunderte sind in der Zwischenzeit gestorben. Die Überlebenden sagen, sie hätten nicht mehr viel Zeit.
04:00Ich leide an einer Sklerose meiner Knochen. Das geht nicht gut aus. Die Knochen werden immer weicher.
04:11Es wird Zeit, dass sich etwas bewegt, bevor noch mehr von uns gehen.
04:19Unsere Gesundheit bekommen wir so oder so nicht wieder zurück, auch nicht all die verlorenen Jahre.
04:28Ein jahrzehntelanger Kampf um Anerkennung könnte für Bjarne Kapster und die anderen zu Ende gehen.
04:34Doch die schmerzhaften Folgen seiner Arbeit draußen in der Nordsee werden ihn weiter begleiten.

Empfohlen