In dieser Ausgabe unserer wöchentlichen Talkshow befassen sich die Teilnehmer mit der innenpolitischen Situation in Österreich, den sicherheitspolitischen Herausforderungen für Europa und die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas sowie mit den jüngsten Veränderungen der euopäischen Medienlandschaft.
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NewsTranskript
00:00Hallo und Willkommen zu Brüssel, meine Liebe, unserer wöchentlichen Talkshow aus dem Herzen
00:17Europas. Ich bin Stefan Grobe, seien Sie herzlich gegrüßt. Unsere Themen. Nach 100 Tagen im Amt
00:24sprach NATO-Chef Mark Rutte diese Woche vor dem Europäischen Parlament. Auf der Tagesordnung
00:29der Russland-Ukraine-Krieg sowie die Unruhen in Syrien und im Nahen Osten. Für die EU ist nun
00:36Kaya Kalas für diese Herausforderungen zuständig. Sie ist die Spitzendiplomatin und das neue Gesicht
00:42der EU auf der Weltbühne. Es steht viel auf dem Spiel. Ist die ehemalige Ministerpräsidentin
00:48von Estland dieser Aufgabe gewachsen? Und Österreich steht zum ersten Mal vor einer
00:54von der extremen Rechten geführten Bundesregierung aus FPÖ und ÖVP. Interimskanzler Alexander
01:00Schallenberg war diese Woche in Brüssel, um seine EU-Kollegen zu beruhigen. Sein Land werde ein
01:06verlässlicher und konstruktiver Partner bleiben. Ist Brüssel wegen eines möglichen Bundeskanzlers
01:11Herbert Kickl, eine der Galleonsfiguren der extremen Rechten in Europa, zu Recht in
01:17Alarmstimmung? Fragen an unsere heutigen Gäste, allesamt Mitglieder des Europäischen Parlaments,
01:23und zwar Reinhold Lopatka von der österreichischen Fox-Partei, Elisabeth Grossmann von der
01:29sozialdemokratischen Partei Österreichs und Sergej Lagodinsky von den Grünen aus Deutschland.
01:35Nochmals herzlich willkommen hier im Studio. Bevor wir aber hier in die Diskussion einsteigen,
01:41werfen wir einen Blick auf die neue EU-Chefdiplomatin.
01:44In ihrer Heimat nennen sie manche Estlands eiserne Lady.
01:55Russland setzte die damalige Regierungschefin vor einem Jahr auf eine Fandungsliste,
01:59weil sie sich für die Beseitigung von Kriegsdenkmälern aus der Sowjetzeit in dem
02:03Baltischen Land einsetzte. Taja Kallers, die neue hohe Vertreterin der EU für Außen- und
02:12Sicherheitspolitik. Sie erbt nun ein Amt, das in den letzten Jahren stark kritisiert wurde.
02:20Manche nannten es sogar den sinnlosesten Job der EU. Doch ihr Ruf als Hardliner könnte ihr dabei
02:29helfen, die dringenden Herausforderungen in Europa zu meistern, den Krieg zwischen der
02:34Ukraine und Russland und mögliche Friedensgespräche, neue Beziehungen zu dem im Entstehen begriffenen
02:39Regime in Syrien und Sicherheiten bezüglich der Trump-Administration und unberechenbare
02:44Partner von Ankara über Jerusalem bis Peking. Hat die 47-jährige Liberale das Zeug dazu,
02:54die EU zu einer globalen Führungsmacht zu machen? Ist Taja Kallers die richtige Frau
03:02im richtigen Moment, Herr Lagundinsky? Das denke ich schon. Wir haben ja als
03:07Europäisches Parlament auch die Gelegenheit gehabt, alle Kandidatinnen und Kandidaten für
03:12die verschiedenen Jobs zu grillen. Und sie war, sie gehörte zu den Highlights. Es war klar,
03:19es war kohärent und vor allem, es gab eine Haltung. Und ich glaube, das ist das, was viele
03:23auch vermisst haben bei dem Vorgänger. Wir haben ihn ja auch kritisiert, Herrn Borell. Hier haben
03:31wir einen frischen Schwung, frische Ideen und auch eine Position, die widerspiegelt,
03:38die Position der mittel- und osteuropäischen und baltischen Staaten, was ja gerade jetzt in
03:43dieser Situation absolut wichtig ist. Ja, ich meine, es gibt ja einen Grund dafür,
03:47dass man sie nominiert hat und in den Wechsel vom Europäischen Rat in die Kommission. Frau
03:52Grossmann, wir haben es gerade gehört, sie hat so den Ruf des Hardliners oder der Hardlinerin,
03:56soll ich vielleicht sagen. Ist das in ihrem neuen Job ein Vorteil oder eher ein Nachteil?
04:03Na, ich denke, es ist ein großer Vorteil. Und ich war ja auch bei den Hearings dabei und war
04:10von der Performance durchaus beeindruckt. Also sie weiß, was sie will. Sie hat eine klare Haltung,
04:17hat auch bewiesen durch ihre Regierungstätigkeit bisher, dass sie durchaus durchsetzungsstark sein
04:25kann. Also das wird ihr sicher zugutekommen. Das wird sie auch brauchen. Aber es hängt nicht nur
04:32von ihr ab, ob die europäische Außenpolitik erfolgreich sein wird. Es hängt ganz stark
04:39auch von den anderen Playern ab in den europäischen Institutionen und es hängt von den Mitgliedstaaten
04:45ab. Also insgesamt kann die Europäische Union nur das leisten, was die Mitgliedstaaten zulassen.
04:53Das heißt, jetzt alles auf sie zu schieben, wäre wohl etwas ungerecht. Und von der
05:00Grundvoraussetzung her, von der Persönlichkeitsstruktur, ist sie durchaus überzeugt.
05:05Herr Lopatka, Sie haben jetzt die Chance, als Einziger was Kritisches zu sagen, wenn Sie denn
05:09wollen. Aber teilen Sie so die Einschätzung im Großen und Ganzen.
05:13Da bin ich nicht im Widerspruch. Aber ich glaube, der entscheidende Punkt ist noch nicht
05:16angesprochen worden. Wir haben ab kommender Woche einen neuen Präsidenten in den USA und
05:22das ist für Europa das Entscheidende, die transatlantische Achse. Was gelingt ihr hier
05:27mit der Administration? Wir brauchen die USA, aber sie muss den USA klar machen, dass sie
05:32auch uns brauchen. Und das ist für mich der Schlüssel, ganz offen gesagt. Neben all dem,
05:37was hier angesprochen worden ist, alles wichtig. Aber die entscheidende Frage ist für mich,
05:42schaffen wir es, ein konstruktives Verhältnis vom ersten Tag an mit den USA zu haben? Und
05:48da ist sie ganz stark gefordert.
05:50Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie es ansprechen. Kalas sagte neulich in Rammstein, die EU werde
05:56die Führung bei der Ukraine-Unterstützung übernehmen, sollten die USA unter Trump sich
06:01von dieser Rolle zurückziehen. Ihr Vorgänger Borrell hatte dagegen immer erklärt, wenn
06:06die USA da ausbüchsen, sozusagen wird die EU nicht in der Lage sein, diese Rolle zu füllen.
06:11Ist also jetzt diese Stellungnahme von Kalas schon so der Ansatz einer Politikänderung?
06:18Naja, es ist zumindest von einem starken Selbstbewusstsein getragen. Die Frage ist,
06:25ob wir bei den nationalstaatlichen Regierungen, die wir jetzt schon in Europa haben und bei
06:32bevorstehenden Wahlen, die noch auf uns zukommen, denken sie an die Situation in Frankreich
06:38nicht stabil. Wir wissen nicht, wie es in Deutschland tatsächlich weitergeht, ob wir
06:43eine starke Regierung haben. Und das sind zwei wesentliche Nationen.
06:46Wir sind ja in Österreich, um das gleich zu sagen.
06:48Ja, aber wir sind ganz offen gesagt...
06:50Da können wir noch zu...
06:52Es freut mich, dass Sie Österreich für so wichtig hören.
06:54Immer, immer. Beim Thema Ukraine bleiben, Herr Ragolinski. Bei Borrell war das nicht
07:01immer klar, aber sie ist eindeutig in ihrer Position, Kaya Kalas. Spiegelt das auch so
07:08die Meinung des Europäischen Rats dar?
07:11Wir können ja nur für das Europäische Parlament sprechen. Ich denke, beim Europäischen
07:16Parlament ist die Meinung und die Mehrheit ganz klar, auch trotz des Rechtsrucks, den
07:21wir ja gesehen haben nach diesen Wahlen. Wir stehen trotzdem weiterhin auch für unsere
07:25Verantwortung für die Ukraine. Im Rat werden wir sehen. Wir werden sehen, was die neue
07:30österreichische Regierung irgendwann mal, wie sie sich positionieren. Aber wir sehen
07:35ja jetzt schon ein paar Spoiler mit Orban und vor allem mit Fizo. Also es gibt eben
07:43immer mehr Mitgliedstaaten, die ein bisschen auf der Bremse stehen. Und desto wichtiger
07:48ist es jetzt schon ganz klar, die Richtung vorzugeben. Und deswegen bin ich dankbar,
07:54dass Kaya Kalas das auch ganz klar formuliert. Wir werden keine andere Wahl haben, als hier
08:00mehr Verantwortung zu übernehmen. Das ist übrigens, was das Weiße Haus wahrscheinlich
08:04auch von uns erwartet. Es ist unsere Region, das ist unser Kontinent, das sind unsere Nachbarn
08:09und das sind auch unsere Interessen, zum Beispiel Interessen von Estland. Sie weiß
08:13es aus erster Hand, wenn Ukraine fällt oder ein Frieden dort abgeschlossen wird, was nicht
08:21nachhaltig ist, dann sind wir als Nächste dran. Das ist die baltische Stimme und das
08:26ist die europäische Stimme, die sehr realistisch und auch verantwortungsbewusst ist.
08:30Ja, Frau Grossmann, rund 130 Milliarden Euro hat die EU bislang mobilisiert zur Unterstützung
08:38der Ukraine, ein Großteil davon aus Deutschland. 75.000 ukrainische Soldaten sind trainiert und
08:44ausgebildet worden. Ist das genug? Darüber wird gerade im deutschen Wahlkampf ja sehr stark gestritten.
08:51Ich bin jetzt da keine Militärexpertin, deshalb kann ich diese Frage seriöserweise
08:57nicht beantworten. Aber entscheidend ist und für mich auch ganz wichtig, dass in Richtung
09:05eines Friedens hingearbeitet wird mit allen Mitteln, dass hier wirklich alles daran gesetzt
09:13wird, dass dieses Blutvergießen ein Ende hat in Form eines Waffenstillstandes. Idealerweise
09:20natürlich wäre ein dauerhafter Frieden absolut anzustreben, aber wir müssen hier realistisch
09:27sein, wer hier mit an einem allfälligen Verhandlungstisch sitzt. Und das ist das
09:34Entscheidende, dass hier mit der Ukraine eine Lösung erarbeitet wird und hier soll sich die
09:41Europäische Union konstruktiv einbringen und vor allem auch die Ukraine in eine Position
09:48auch der Stärke bringen, um diese Verhandlungen auch mit erhobenem Haupte auch führen zu können.
09:56Ich spreche mal über die aktuelle militärische Lage vor Ort, besonders auch über die Situation
10:05in der russischen Region Kursk, die ja teilweise von ukrainischen Truppen kontrolliert wird. Das
10:12ist deswegen aufschlussreich, weil vor allem dorthin die Soldaten aus Nordkorea an die Front
10:17geschickt wurden. Dazu unsere Ukraine-Korrespondentin Sascha Wakulina. Hören Sie mal rein.
10:23Die nordkoreanischen Truppen haben in der russischen Region Kursk bisher 3000 Opfer zu
10:28beklagen. Dabei handelt sich laut südkoreanischem Geheimdienst sowohl um Gefallene als auch um
10:34Verbundete. Seoul bestätigte auch die Gefangennahme zweier nordkoreanischer Soldaten durch die
10:39Ukraine. Das ist die erste Bilanz seit dem Eintritt Nordkoreas in den Krieg im vergangenen
10:43Herbst. Und während die ukrainischen Streitkräfte ihre Angriffe in der russischen Region Kursk
10:48verstärken, intensivieren die russischen Truppen ihre Bemühungen und bewegen sich in der Ostukraine
10:53mit einer Geschwindigkeit, die man seit den ersten Tagen der umfassenden Invasion nicht mehr gesehen
10:58hat. So nähern sie sich der Verwaltungsgrenze der ukrainischen Region Donetsk, dem Ziel Moskaus
11:03seit der ersten Invasion im Jahr 2014. Ja, Herr Lobatka, Sie haben genickt am Ende. Versuchen
11:12jetzt beide Seiten Fakten zu schaffen, bevor es zu möglichen Gesprächen, wie auch immer, kommt?
11:20Ich glaube, in einer Kriegssituation ist das so. Und da muss man einen realistischen Blick haben,
11:26wenn die Kollegin von der Stärke der Ukraine gesprochen hat. Also ich würde das gerne sehen,
11:31ganz offen gesagt. Nur ich sehe es momentan nicht. Ich glaube, die Ukraine ist massiv unter
11:36Druck. Und daher ist schon die Frage, ob wir erstens zu zögerlich waren bei der Hilfe und
11:42ob das ausreichend war. Als Österreicher, wir sind ein neutraler Staat, ist es sehr leicht,
11:49hier von den anderen viel zu verlangen und zu sagen, ja, wir sind neutral. Was ja tatsächlich
11:53so ist, also Waffenlieferungen von uns kann es nicht geben. Das ist klar für ein neutrales
11:59Land. Aber da müssen wir ehrlich sein. Bisher hat ja die Ukraine einen hohen Blutzoll, auch bei der
12:08Zivilbevölkerung zu tragen. Und Europa war sehr zögerlich. Was heißt das für die jetzige
12:16Situation? Auch jetzt, wenn wir ehrlich sind, warten wir ja, was Trump macht. Und es ist hier
12:24ganz wichtig, dass wir zumindest den Beitrag leisten, auch im Militärischen, den die USA
12:29geleistet hat. Und wahrscheinlich sollten wir mehr leisten, weil wir natürlich als Europäer es sehen
12:36müssen, es ist unser Kontinent, um das ganz direkt zu sagen. Und bei aller Kritik an Trump,
12:43aber er hat schon in einigen Bereichen sehr früh Weckrufe an uns geschickt, auch was unsere
12:49Bereitschaft war, für Militär, für Verteidigung Mittel zur Verfügung zu stellen. Er war auch der
12:56Erste, der uns, glaube ich, aufgeweckt hat, was China betrifft. Also ich will hier...
13:01Was halten Sie denn von der Operation in Kursk? Ist das militärisch, politisch sinnvoll oder
13:07Nebenschauplatz? Ich fand es gar nicht so unklug. Also viele sagen ja, da werden sozusagen die
13:14Ressourcen wegbefördert von der Ostukraine. Andererseits finde ich diese Idee, dass Ukraine
13:22etwas in der Hand hat, wenn es tatsächlich zu Verhandlungen kommt und zwar nicht nur durch den
13:28Westen, sondern in der eigenen Hand, nämlich ein Stück Territorium von Russland. Das finde ich,
13:35für die Dynamiken der nachfolgenden Verhandlungen gar nicht so verkehrt, weil es Ukraine emanzipiert
13:40gewissermaßen in diesen Dynamiken. Ukraine ist eine Akteurin in diesen Verhandlungen,
13:46weil sie auch etwas zu bieten hat oder zu nehmen hat. Deswegen finde ich es nicht, sehe ich das
13:52nicht so kritisch. Man kann Zelensky und auch die ukrainische Führung in manchen Punkten
13:57kritisieren. Es gibt auch die Stimmung, auch in der Ukraine ist nicht so eindeutig wie zu Beginn des
14:03Krieges. Das muss man auch anerkennen. Aber in jedem Land wäre die Stimmung nach drei Jahren
14:09eines solchen Vernichtungskrieges, wie wir den erlebt haben, auch so kritisch. Unsere Verantwortung
14:16muss aber sein, ja, unterstützen bei Friedensverhandlungen, aber stärken vor diesen
14:22Friedensverhandlungen, militärisch stärken, damit die Position der Ukrainerinnen und Ukrainer ganz
14:27klar aus der Stärke heraus... Ja, aber ein entscheidender Punkt ist, was bisher gelungen
14:31ist, trotz aller Probleme, zum Beispiel die Sanktionenpakete, sind von allen mitgetragen
14:36worden. Und das möchte ich schon auch sagen. Das ist auch jetzt, glaube ich, die Aufgabe der neuen
14:44EU-Kommission, so schwierig es ist, auch mit Orbán zu reden. Also ich würde es für ganz,
14:51ganz gefährlich halten, wenn es Russland gelänge. Das, was wir jetzt schon spüren,
14:58dass das noch stärker wird. Weil diese Einigkeit, das war für mich bei all dem negativ. Und das ist
15:05furchtbar und grausam, was in der Ukraine passiert. Aber dass vor allem am Beginn die
15:09Europäische Union gezeigt hat, ja, wir sind eine Gemeinschaft. Ja, ich weiß nicht, ob man...
15:14Ich muss mal Frau Grossmann fragen. NATO-Generalsekretär Mark Rütte war diese Woche im
15:19Europäischen Parlament. Ich weiß nicht, ob Sie persönlich im Saal waren. Er hat etwas
15:25Interessantes gesagt. Hier haben wir ihn bei der Anhörung. Er hat etwas Interessantes gesagt, wie
15:30auch der schwedische Ministerpräsident diese Woche bei anderer Gelegenheit. Europa befinde
15:35sich in einem Zustand zwischen Krieg und Frieden. Sehen Sie das auch so? Und was halten Sie von so
15:40einem Statement? Ja, es beschreibt sehr gut die Ausgangslage, dass wir in einem sehr fragilen,
15:49sage ich einmal, Friedenszustand leben. Und die weltpolitische Situation in Wahrheit auch für
15:57uns brandgefährlich ist. Und dass es hier wirklich auf höchste Besonnenheit ankommt,
16:03wie hier außenpolitisch, weltpolitisch agiert wird. Und hier ist gerade die Europäische Union
16:12natürlich ein ganz, ganz wichtiger Player weltpolitisch. Und deshalb müssen wir alles
16:18daran setzen, dass diese pro-europäischen Kräfte gestärkt werden. In den Mitgliedsstaaten und
16:26natürlich auch in den Institutionen. Wir haben jetzt allein durch die letzte Wahl auch einen,
16:33wie soll man sagen, Gesinnungswandel bei vielen, also auch in der Zusammensetzung des Parlamentes
16:39erleben müssen. Das heißt, die pro-europäischen Kräfte werden weniger. Und das ist natürlich
16:46auch eine sehr gefährliche Tendenz. Und umso mehr natürlich ist in den Mitgliedsstaaten darauf zu
16:54achten, dass diese pro-europäische Haltung aufrecht bleibt. Und ja, auch in meinem Heimatland ist das
17:02jetzt natürlich eine große Herausforderung. Die Rolle der EU auf der europäischen, auf der
17:07Weltbühne ist einer der zentralen Punkte, auch was Syrien und den Nahen Osten angeht. Und das war
17:15auch eines der großen Themen, das Marc Rütte angesprochen hat. Assad wurde nach 13 Jahren
17:20Bürgerkrieg quasi gestürzt. Wir wissen nicht, was kommt. Es gab schon erste Kontakte. Aber all
17:27das kam doch ziemlich überraschend. Und meine Frage ist, hat die EU die Region so ein bisschen
17:32vernachlässigt in der Vergangenheit, gerade was Syrien angeht? Nicht nur was Syrien angeht. Wir
17:38brauchen Partner. Ich leite die Delegation für den arabischen Raum. Viele Chancen für uns, weil
17:46wir brauchen, wie gesagt, außerhalb von Europa und neben der transatlantischen Achse weitere
17:52Verbündete. Das ist ganz entscheidend. Und wir sind von den Vorgängern, auch was Israel betrifft,
17:58was Syrien betrifft, ja mehr betroffen als alle anderen. Flüchtlingswelle und und und. Daher sage
18:05ich, hat hier Kallas schon gezeigt, dass sie rasch und richtig reagiert. Sie hat ja sofort jemanden
18:11nach Syrien entsandt. Und wir müssen jetzt alles tun, dass dort ein richtiger Wandel in Gang gesetzt
18:18wird. Niemand weiß es von uns, wie es ausgeht. Aber daneben zu stehen, wäre absolut falsch. Wir müssen
18:23auch positive Signale rasch, rasch Richtung Syrien aussenden. Im Wissen, dass wir nicht wissen,
18:30wie das ausgeht. Aber das Risiko ist zunehmend. Sie haben es, das Stichwort ist schon gefallen,
18:36Flüchtlinge. Es gibt ungefähr eine Million Syrer in Europa. Jeder zehnte in Österreich übrigens.
18:45500.000 Asylanträge wurden in der EU im vergangenen Jahr gestellt. Die meisten von Syrern. Was soll
18:52nun mit diesen Menschen geschehen? Wir haben darüber mit einem Syrer gesprochen, der vor
18:57einigen Jahren nach Belgien geflohen ist und in Brüssel heute ein Restaurant betreibt. Das hat
19:02er uns gesagt. Hören Sie mal hin. Es war der Moment, auf den wir seit 14 Jahren gewartet haben. Es war
19:11nicht einfach. In dieser Zeit hat das syrische Volk viel Schmerz, viel Leid erfahren. Wir haben
19:17Freunde verloren. Wir haben Familie verloren. Und das war, als wir noch in Syrien waren. Als wir das
19:22Land verließen, haben wir viele Menschen auf dem Meer verloren. Wir vermissen unser Land sehr. Wir
19:27vermissen unsere Familie sehr. Wir vermissen unsere Freunde. Wir vermissen unsere Nachbarschaften.
19:31Aber um dorthin zurückzukehren und wieder dort zu leben, wird es wohl eine Weile dauern. Denn
19:36das Land ist nicht stabil. Es gibt keinen Strom, kein Trinkwasser. Wenn die Regierung sie als
19:41Asylbewerber zurückschicken will, wäre das wirklich ungerecht. Ja, Herr Lagodinsky, was soll mit
19:51diesen Menschen geschehen? Erst einmal sollen wir schauen, wie die Situation vor Ort sich entwickelt.
19:57Erst einmal müssen wir schauen, dass Menschen, die zum Beispiel in unseren Arbeitsmarkt hinein
20:01wollen. Wir brauchen dringend Arbeitskräfte in allen EU-Ländern. Das kenne ich auch aus Deutschland.
20:07Dass wir alles tun, damit Leute, die da sind und legal bei uns wohnen, eben eine Möglichkeit haben,
20:13übrigens auch durch so eine Art Gleiswechsel, als Arbeitskräfte auch in Deutschland eine Perspektive
20:20zu haben. Also ich finde es wirklich fatal, wenn wir jetzt das in verschiedenen Wahlkämpfen, die
20:26wir haben, so ein bisschen instrumentalisieren, nach dem Motto, jetzt schicken wir ja alle zurück
20:30und dadurch kriegen wir ein paar Prozente mehr bei der nächsten Wahl. Es geht um Menschen. Es geht
20:35auch um unsere Wirtschaftsinteressen. Ja, auch um Personal. Und es geht natürlich um die Situation
20:42vor Ort. Wenn die Situation vor Ort sich irgendwann stabilisiert... Dazu muss ja Syrien ein sicheres
20:46Herkunftsland sein. Wann können wir denn davon sprechen, Frau Roßmann? Ja, da sind einige Indikatoren
20:53zu beachten. Wie geht es den Menschen dort? Wie geht es den Frauen ganz insbesondere? Die
21:00Frauenrechte müssen ausgebaut werden, gewahrt werden. Und natürlich auch Volksgruppen, auch
21:10die kurdische Bevölkerung jedenfalls ist hier ganz besonders zu erwähnen. Also wie wird mit
21:18diesen Menschen umgegangen? Und in unserem eigenen Interesse ist es wichtig, hier wirklich beim
21:26Wiederaufbau eines funktionierenden Staates oder eigentlich fast erstmaligen Aufbau eines
21:31funktionierenden Staates behilflich zu sein, damit hier sichere Bedingungen herrschen und damit ein
21:38Kriegsschauplatz auf der Welt weniger da ist. Hoffen wir, dass es so kommt. Danke für diese
21:43erste Runde. Wir machen jetzt eine kleine Pause und danach Rechtsruck in Österreich. Muss sich
21:48Brüssel jetzt Sorgen machen? Bis gleich.
22:08Untertitel der Amara.org-Community
22:38Diese Sendung wird live untertitelt.
23:08Willkommen zurück zu Brüssel, meine Liebe. Unsere Gäste sind immer noch Sergej Lagodinsky,
23:32Reinhold Lopatka und Elisabeth Grossmann. Der geschäftsführende österreichische
23:37Bundeskanzler Alexander Schallenberg war diese Woche in Brüssel, um sich um Schadensbegrenzung
23:42zu bemühen. Es ging darum, der EU die Sorge vor einem Abdriften Wiens ins ultrarechte Lager zu
23:48nehmen. Sollten FPÖ und ÖVP tatsächlich eine neue Regierung unter Herbert Kickl bilden? Kickl wäre
23:55der erste FPÖ-Kanzler der Zweiten Republik. Schallenbergs Botschaft in Brüssel? Nur keine
24:01Aufregung. Oder wie man in Wien sagt, budel die ned auf. Schließlich, so Schallenberg,
24:09gäbe es eine Koalition mit der ÖVP und die werde Herbert Kickl schon Grenzen setzen. Hat
24:15Schallenberg recht? Ist also diese Brüsseler Sorge übertrieben? So neu ist das in Österreich
24:21nicht. Die österreichische Volkspartei hat immer das Verständnis gehabt, als staatstagende Partei
24:26Verantwortung zu übernehmen. Wir sind die einzige Partei in der Europäischen Union,
24:31die durchgehend seit 1986 in Regierungsverantwortung ist. Mit der Sozialdemokratie, mit den Grünen,
24:38aber auch zweimal mit der Freiheitlichen Partei. Der große Unterschied ist jetzt schon,
24:44und das ist nicht gut zu reden, das Größenverhältnis. Genau. Dass es dazu gekommen ist,
24:49das sind auch nicht wir allein verantwortlich. Da müssen sich alle anderen fragen, genauso
24:54unsere jetzigen Koalitionspartner, die Grünen und auch die Sozialdemokraten. Und jetzt,
24:59dass die Verhandlungen geplatzt sind, da sind die Liberalen noch dazugekommen. Sie hätten ja die
25:05Chance gehabt, mit Frau Grossmann zusammenzugehen. Dazu ist es nicht gekommen. Frau Grossmann,
25:10wie sehen Sie das heute? War es ein Fehler von der SPÖ, die Segel zu streichen? Die SPÖ ist
25:18am Verhandlungstisch sitzen geblieben. Es war der Fehler. Und ich sage, da geht es jetzt,
25:26ja, Sie haben es gesagt, Schadensbegrenzung. Den Schaden zu begrenzen, der durch eine
25:32Regierungsbeteiligung der FPÖ, also eigentlich eine Regierungsführung, angerichtet wird. Und
25:39das ist natürlich schon eine riesige Herausforderung für Österreich. Aber natürlich
25:47wird das auch für die Europäische Union nicht leichter werden, wenn hier ein weiterer Staats-
25:53und Regierungschef an die Macht kommt, der aus dem Holzohrpanz geschnitzt ist. Und es
26:01hätte, es wäre nicht notwendig gewesen, wirklich nicht. Es gäbe durchaus Alternativen. Man hätte
26:08mit der SPÖ eine Regierung bilden können. Also das Ergebnis, was wir jetzt vorfinden,
26:13ist in Wahrheit das Ergebnis eines Flügelkampfes innerhalb der ÖVP. Weil ich war selbst auch Teil
26:21der Verhandlungsteams. Also es ist seriös durchaus verhandelt worden. Und es haben letztendlich die
26:33Entscheidung Menschen getroffen, die eben teilweise gar nicht am Verhandlungstisch sitzen.
26:37Aber Sie wissen schon, wer zuerst aufgestanden ist, Entschuldigung.
26:40Das waren die Neos.
26:41Das waren die Liberalen. Weil mit dieser SPÖ kann man keine Reformen machen.
26:45Wir können es hier nicht fortsetzen.
26:47Nein, aber wir haben ja...
26:48Da war eigentlich genug mitzutun.
26:50Herbert Kickl hat es jetzt schon mehrfach erwähnt. Wir wollen ihn mal zu Wort kommen lassen. Sie
26:55kennen natürlich alle seinen Standpunkt in der Migrationspolitik. Das hört sich dann so im
27:00Original an.
27:00Remigration. Remigration. Ich habe überhaupt kein Problem, das Wort auszusprechen. Sondern das
27:08sind Syrer, das sind Afghanen, das sind Somalier. Und da liegen ganz, ganz viele Länder dazwischen,
27:14wo sie überall um Schutz und Hilfe ansuchen könnten. Wir sind für diese Leute nicht zuständig.
27:21Da soll sich die islamische Welt einmal um ihre Glaubensbrüder kümmern.
27:25Herr Laguninski, solche Töne hört man ja auch in Deutschland derzeit im Bundestagswahlkampf.
27:29Im Wahlprogramm jetzt.
27:31Wenn Sie die Situation in Österreich so von außen betrachten, die Deutschen könnten ja die
27:37Nächsten sein, die an eine ähnliche Situation kommen könnten. Ist damit auch so der EU-Cordon
27:44sanitär faktisch verschwunden, der jahrzehntelang dazu gedient hat, also Extremer von der Macht
27:50wegzuhalten?
27:51Ja, und es ist natürlich ein Dominoeffekt und eine Normalisierung dieser extrem rechten und zum
27:59Teil auch faschistischen Ideologien. Das hat nicht mit Österreich angefangen. Gut, historisch
28:05vielleicht schon. Aber jetzt, wenn wir auf die EU schauen, und das ist so ein bisschen meine Sorge,
28:11was machen wir damit? Was macht der Rat damit? Was macht die EVP, also die konservative Kraft
28:18bei uns im Parlament damit? Und wenn wir schauen, wie zum Beispiel mit Frau Meloni umgegangen wird,
28:25es ist ein Teil der Normalisierung der postfaschistischen Kräfte. Was passiert, ist ein
28:29Deal. Außenpolitisch und europapolitisch werdet ihr euch benehmen. Ja, Ukraine, werdet ihr euch
28:37benehmen. Ich weiß nicht, ob das in Österreich so einfach ist. Aber innenpolitisch habt ihr freie
28:42Hand. Und das ist meine Sorge, dass hier auch eine ähnliche Situation eintritt und wir sehen, was das
28:50in Italien bedeutet. Parlamentarische Strukturen werden zerstört, Minderheiten werden verfolgt,
28:58Presse wird umgebaut. Und das ist meine Sorge, dass wir in Österreich auch sowas erleben werden,
29:03um den Preis einer nach außen sozusagen strahlenden europäischen postfaschistischen Position.
29:10Ja, Herr Luppert, ja.
29:11Also mit Postfaschismus hat es wirklich nichts in Österreich zu tun. Ich muss mir da wirklich wehren,
29:17vor allem aufgrund unserer Geschichte, um das ganz direkt zu sagen. Es ist eine große Herausforderung,
29:24da gebe ich auch der Kollegin Grossmann recht. Und das war ja der Grund, warum wir so lange mit
29:30Sozialdemokraten und Liberalen verhandelt haben. Und dann ist der vormalige Sprecher der Grünen,
29:36unser jetziger Bundespräsident Van der Bellen, in die Situation gekommen, dass er dem Kickel,
29:42um das nur zu sagen, weil die Zuhörer werden das nicht wissen, der Bundespräsident in Österreich
29:48spielt alle fünf Jahre, wenn die Legislaturperiode hält, eine ganz große Rolle bei der Regierungsbildung.
29:54Und er hat diesen Auftrag gegeben und der wird das nie tun, weil da kennen wir alle den
30:00Bundespräsidenten, wenn er nicht glaubte, dass bei den Regierungsverhandlungen hier auch diese
30:06innenpolitischen Fragen, die sie zu Recht ansprechen, hier auch entsprechen mit Verhandlungen.
30:11Frau Grossmann, die Gelegenheit zu einem kurzen Schlusswort geben. Die Nominierung
30:16Van der Bellens von Kickel, war das sozusagen die letzte Möglichkeit?
30:22Naja, ich habe schon vorhin gesagt, es wäre die Möglichkeit noch gewesen,
30:27durchaus mit der SPÖ Verhandlungen zu führen und es haben ja auch die Neos,
30:33aber auch die Grünen signalisiert, bei entscheidenden Fragen hier auch Maßnahmen
30:40zu unterstützen, auch bei der Budgeterstellung, was ja das Wesentliche ist, aber auch bei wichtigen
30:45Staatsreformen, weil wir haben einen großen Reformbedarf beispielsweise im Bildungssystem,
30:50in vielen Bereichen und hier haben sich auch die anderen Parteien als durchaus bereit geäußert.
30:58Wir werden das weiter verfolgen hier bei euronews. Ich werde mal in wienerisch versuchen zu verbessern.
31:02Jetzt aber erstmal vielen Dank an unsere Gäste und an unsere Zuschauer. Bleiben Sie bei euronews.
32:50Vielen Dank an die Gäste und an die Zuschauer. Bleiben Sie bei euronews.
32:54Vielen Dank an die Gäste und an die Zuschauer.
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33:14Vielen Dank an die Gäste und an die Zuschauer.
33:16Vielen Dank an die Gäste und an die Zuschauer.
33:18Willkommen zu Brüssel, meine Liebe. Ich bin Stefan Grobe.
33:21Meine Gäste sind die EU-Abgeordneten Elisabeth Grossmann,
33:24Sergej Lagodinsky und Reinhold Lopatka.
33:27Die Welt der Medien gerät diese Woche durch die Ankündigung
33:30der Facebook-Mutter Meta in Wallung,
33:32in den USA künftig keine Faktenchecks mehr durchzuführen.
33:36Damit werde der Desinformation weiter Tür und Tor geöffnet,
33:40sagen Kritiker und befürchten zusätzlichen Druck
33:43auf die traditionellen Medien, auch in Europa.
33:46Wie ist es mit dem Vertrauen der Menschen
33:48in diese traditionellen Medien,
33:50zu denen wir uns hier bei eurynews auch zählen?
33:53Eine Studie der Europäischen Rundfunkunion
33:55brachte jetzt Folgendes zu Tage.
33:57Sechs von zehn Befragten misstrauen den meisten Nachrichten.
34:01Am geringsten ist das Vertrauen in Griechenland und Malta
34:05mit knapp 40 Prozent, am höchsten in Schweden und Finnland
34:08mit um die 90 Prozent.
34:1068 Prozent der EU-Bürger sagen,
34:12dass sie oft auf Fehlinformationen stoßen
34:15und 40 Prozent, knapp die Hälfte,
34:18meiden aktiv die Nachrichten überhaupt.
34:21Ich halte diese Zahlen ja für atemraubend oder atemstockend,
34:25wie man das auch formulieren will.
34:28Wie erklären Sie sich das,
34:30dieses wachsende Misstrauen der Menschen
34:33in die traditionellen Medien?
34:35Damit meine ich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk,
34:37die führenden Zeitungen etc.
34:39Wir erleben einen Wandel wie in vielen anderen Bereichen
34:42und dieser Wandel ist zum Teil auch digital getrieben.
34:45Das muss man einfach so sagen.
34:47Dadurch, dass wir eine Demokratisierung des Diskurses haben,
34:51durch die Plattformen wie Meta, aber auch viele anderen,
34:55ist die Schwelle hin zu Informationsbeschaffung
35:01einfach nicht mehr da.
35:03Und natürlich auf beiden Seiten,
35:05sowohl als Konsument oder Konsumentin,
35:08als auch von der anderen Seite,
35:10derjenige, der die Informationen einfach so online stellt.
35:13Und das entfesselt natürlich ganz neue Kräfte
35:17und das entfesselt natürlich auch das Misstrauen,
35:19weil Leute sehen, wir können ja eigentlich selber
35:22uns Informationen beschaffen
35:24und die sagen irgendetwas anders als die Öffentlich-Rechtlichen.
35:27Also müssen die Öffentlich-Rechtlichen
35:29wahrscheinlich irgendein Interesse haben.
35:31Und da kommen die Verschwörungstheorien,
35:33da kommen die rechten, also rechtsradikalen Kräfte,
35:35die das instrumentalisieren, linksradikale übrigens auch.
35:38Und dann haben wir diesen Salat,
35:40wir sehen, dieses Misstrauen ist da
35:42und die Frage ist, was machen wir damit?
35:44Wie können wir aus dieser Situation rauskommen?
35:47Ja, die Frage ist, was machen wir damit?
35:49In den USA spricht man von Silos,
35:51also konservative Leute gucken nur konservative Medien,
35:55liberale Leute konsumieren nur liberale Medien usw.
35:58Ich glaube, wir müssen hier mehrere Maßnahmen setzen.
36:03Das eine ist, vielleicht haben wir zu lange zugesehen,
36:06vor allem was die Fake-News betrifft
36:08und einfach, dass das alles relativiert worden ist.
36:10Keiner hat mehr gewusst, wem kann ich trauen.
36:12Da müssen wir mehr investieren, massiver dagegen vorgehen.
36:16Für mich ein ganz entscheidend,
36:18diese Gerichtsentscheidung in Rumänien,
36:20ein wichtiger Schritt, Wahlen quasi zu annullieren,
36:24das hatten wir noch nie.
36:26Aber wenn es notwendig ist, ist das zu tun.
36:28Der zweite Punkt, man muss ehrlich seitens der Politik sagen,
36:31objektive Information muss uns etwas wert sein.
36:35Ich glaube, da muss auf nationalstaatlicher Ebene
36:37auch Geld in die Hand genommen werden.
36:39Wenn ich richtig informiert bin,
36:41es ist hier Schweden und Finnland angesprochen worden,
36:43haben die mit Norwegen eine viel höhere Zeitungsdichte z.B.
36:48und natürlich auch Brindmedien im digitalen Bereich.
36:52Es ist auch öffentliche Aufgabe, dafür zu sorgen,
36:55dass Qualitätsmedien bestehen können.
36:58Das kostet Geld.
37:00In dem Bereich bin ich dafür,
37:03dass man sowohl für die Abwehr, was diese Fake News betrifft,
37:07mehr in die Hand nimmt, um dagegen vorzugehen.
37:10Also Stichwort wehrhafte Demokratie.
37:13Und alles zu tun, dass es zu ja keiner Einschränkung kommt.
37:16Die ersten Wortmeldungen auch bei uns,
37:18die hier von freiheitlicher Seite gekommen sind,
37:20die haben mich zumindest so alarmiert
37:22wie Aussagen vorher im Wahlkampf.
37:25Frau Grossmann, wie können traditionelle Medien
37:28in diesem Kontext überleben?
37:30Das ist wirklich alles andere als leicht,
37:33weil ja auch Werbeeinschaltungen
37:36immer mehr in Richtung sozialer Medien wandern.
37:40Und wir müssen uns auch die steuerliche Seite ansehen,
37:45weil hier gibt es immer noch eine Art Steuerbegünstigung
37:50von sozialen Medien.
37:52Also hier muss man wirklich an allen Ebenen ansetzen.
37:55Hier auch eine entsprechende Egalität herzustellen
38:00und natürlich auch Kontrollen,
38:03weil Qualitätsmedien brauchen ja eine unglaubliche Infrastruktur.
38:08Die Recherchearbeit ist ein absolutes Muss
38:13und all das gilt bei den sozialen Medien nicht.
38:16Teilweise ja auch zu Unrecht als soziale Medien.
38:19Wir haben diese Frage nach den Herausforderungen
38:22und dem Überleben von Medien auch Renate Schröder gestellt,
38:26der Vorsitzende des Europäischen Journalistenverbandes.
38:29Wie kann der Journalismus eine Zukunft haben?
38:32Das hat sie gesagt.
38:34Wieder journalistisch zu werden
38:36und nicht einer Clickbait oder einer Aufmerksamkeitsökonomie zu folgen,
38:41sondern dem journalistischen Instinkt zu folgen.
38:45Wir müssen, und da hilft der Europäische Medienfreiheitsakt zum Beispiel,
38:51die unabhängige Medienlandschaft unterstützen,
38:55indem wir eine rechtliche Basis auf europäischer Ebene herstellen,
39:01die unabhängigen Journalismus schützt
39:05und die auch die redaktionelle Unabhängigkeit der Journalisten
39:10vis-à-vis der Medieneigentümer unterstützt.
39:14Herr Laguninski, teilen Sie diese Einschätzung?
39:18Ja, wobei das wie so oft auch die Frage der Geschäftsmodelle ist
39:22und wie funktioniert überhaupt unser Pressemarkt.
39:26Ich finde es zum Beispiel wichtig, dass wir eine Situation schaffen,
39:30wo die Regierenden, wie zum Beispiel in Ungarn,
39:35nicht die Macht haben, die Anzeigen, den Bodies sozusagen zu übergeben
39:43oder die Medien, ganze Medien, den befreundeten Oligarchen zu verschaffen.
39:49Also es ist eine ganzheitliche Herausforderung.
39:52Das andere ist, der Medienakt wurde ja schon angesprochen,
39:56aber wir haben natürlich auch im digitalen Bereich mit DSA,
40:00Digital Services Act, mit dem KI-Gesetz, was ich mit verhandelt habe,
40:04auch Ansätze, die müssen wir nur dann durchsetzen.
40:07Und das ist das, was wir jetzt von der Kommission erwarten,
40:10auch vis-à-vis Musk, Zuckerberg und Co., die jetzt daran sind,
40:15auch sozusagen Sicherheiten da infrage zu stellen, die wir haben,
40:20gegen Fake News, dass wir das auch in Einsatz bringen.
40:25Dafür haben wir sie ja verhandelt.
40:27Okay, wunderbarer Schlusswort.
40:29Wir sind am Ende von Brüssel, meine Liebe, angelangt.
40:32Vielen Dank an unsere Runde hier im Studio und an unsere Zuschauer zu Hause.
40:36Wenn Sie die Unterhaltung fortsetzen möchten, egal zu welchem Thema,
40:39schreiben Sie an brüsselmeinenliebe.eurenews.com oder in den Sozialen Medien.
40:44Das war's für heute. Ich bin Stefan Grobe. Ihnen eine angenehme Woche. Bis bald.